Steuerermäßigung für Straßenausbaubeiträge?

Nach § 35a Abs. 3 EStG kann für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen eine Steuerermäßigung in Höhe von 20 % der Aufwendungen, höchstens jedoch in Höhe von 1.200 EUR jährlich geltend gemacht werden. Um die Steuerermäßigung erlangen zu können, müssen die Handwerkerleistungen in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen (sog. Haushaltsbezogenheit) erbracht werden. Das Vorliegen einer Rechnung und deren Zahlung im Wege der Überweisung sind weitere Voraussetzungen. Zudem werden nur die Arbeitskosten begünstigt.

Die Finanzgerichte haben sich in jüngerer Zeit ausführlich mit der Frage befasst, ob die hinter Straßenausbaubeiträgen stehenden Handwerkerleistungen als „im Haushalt“ des Steuerpflichtigen erbracht anzusehen sind und damit zu einer Steuerermäßigung führen können. Die Beurteilungen fielen dabei unterschiedlich aus.

Den Entscheidungen der Finanzgerichte vorausgegangen war das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.03.2014 (Az. VI R 56/12). In diesem ging es u.a. um die Frage, ob die Anbindung eines Grundstücks an die öffentliche Wasserversorgung haushaltsbezogen sei. Der Bundesfinanzhof hat hierzu entschieden, dass der Begriff „im Haushalt“ keineswegs eng, sondern räumlich-funktional auszulegen sei. Danach seien die Grenzen des Haushalts im Sinne von § 35a Abs. 3 EStG nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr könne auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, begünstigt sein. Es müsse sich allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen.

Unter Bezugnahme auf die vorgenannte BFH-Rechtsprechung ist das Finanzgericht Nürnberg in seinem Urteil vom 24.06.2015 (Az. 7 K 1356/14) zu dem Schluss gekommen, dass diese Grundsätze auch für die Beurteilung von Ausbaubeiträgen für eine vor dem Grundstück des Steuerpflichtigen befindliche Straße heranzuziehen seien, da es sich hierbei ebenfalls um einen Anschluss eines Haushalts an das öffentliche Versorgungsnetz handeln würde. Zu einer ordentlichen Haushaltsführung gehören gleichermaßen Wasseranschlüsse, Abwasser, Elektrizität, aber auch eine Anbindung an das öffentliche Wege- und Straßennetz. Daher hat das Finanzgericht Nürnberg eine Steuerermäßigung auf Straßenausbaubeiträge bejaht. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Finanzgericht die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen. Die Finanzverwaltung hatte zunächst Revision eingelegt, diese später jedoch zurückgenommen, so dass das Verfahren schlussendlich ohne Entscheidung für erledigt erklärt wurde.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg teilt in seinem Urteil vom 25.10.2017 (Az. 3 K 3130/17) die Auffassung des Finanzgerichts Nürnberg jedoch nicht und hat eine Steuerermäßigung für Straßenausbaubeiträge abgelehnt. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass einer Straße im Gegensatz zur Grundstückszufahrt und zu den Hausanschlüssen an die Ver- und Entsorgungsleitungen die notwendige Haushaltsbezogenheit fehle. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat jedoch die Revision vor dem Bundesfinanzhof zugelassen, zum einen wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtssache, zum anderen aber auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Seit Ende Februar 2018 ist vor dem Bundesfinanzhof ein Revisionsverfahren zu der Frage, ob und in welchem Umfang die auf das öffentliche Straßenland vor einem Grundstück entfallenden Kosten als Handwerkerleistungen in einem Haushalt zu berücksichtigen sind, unter dem Az. VI R 50/17 anhängig.

Um von einer möglichen, für den Steuerpflichtigen positiven Entscheidung des Bundesgerichtshofs profitieren zu können, müssen die von Straßenausbaubeiträgen Betroffenen aber handeln.

Unsere Empfehlung:
(1)    Machen Sie die in den Straßenausbaubeiträgen enthaltenen Arbeitskosten als Handwerkerleistungen in Ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Bei Ausbaubeiträgen von mehr als 6.000 EUR kann durch Ratenzahlungen eine Verteilung auf mehrere Jahre erreicht werden, so dass der Höchstbetrag ggf. mehrfach ausgeschöpft werden kann. Entscheidend für die Steuerermäßigung ist das jeweilige Jahr der Bezahlung der Beiträge.
(2)    Lehnt das Finanzamt eine Steuerermäßigung ab, sollten Sie Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen und unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren ein Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur endgültigen Entscheidung durch den Bundesfinanzhof beantragen.

Falls Sie Fragen zur Geltendmachung von Straßenausbaubeiträgen in Ihrer Einkommensteuererklärung haben, sprechen Sie uns an. Wir nehmen uns gerne Zeit für Sie und beraten Sie umfassend.

Stand: 8. März 2018